Montag, 14. Mai 2012

DisQussion: Spielelemente als Anreiz zur Partizipation

Warum ist es einfacher und zu twittern als zu bloggen und warum ist Twitter so beliebt?
Bei Twitter gibt es eine starke Einschränkung (nur 140 Zeichen) und beim Bloggen nicht. Die Antwort ist, dass die Zeichen-Einschränkung bei Twitter ein spielerisches Element ist. Durch die Spielregel sich auf 140 Zeichen begrenzen zu müssen, wird auch implizit das Spielziel formuliert: Trotz der begrenzten Textlänge die gewünschte Aussage zu formulieren. Die Anzahl der Nutzer, die den Tweet lesen, fungiert als Punktzahl, also eigene Follower und die Follower die man per ReTweet erreicht. Blogs bieten dieses spielerische Element nicht und machen daher weniger Spaß.
Wir sind gut beraten spielerische Elemente in Meinungsfindungstools zu integrieren, denn wir möchten, dass sich möglichst viele Leute an der Meinungsbildung beteiligen. Also sollten wir dafür sorgen, dass es möglichst einfach ist, sich einzubringen und Spaß macht.
Für spielerische Elemente ist es die Grundlage, dass es Spielregeln gibt. Die Spielregeln müssen möglichst kurz und einfach zu verstehen sein. Außerdem muss es ein Spielziel geben. Das kann in unserem Fall die Dankbarkeit anderer Benutzer sein, das Ansammeln von besonders viel Unterstützung, Achievements oder Spektakel.

Grundsätzliche Ideen zum Spaß im Disskussionstool

Lernen macht von sich aus Spaß. Wie intensiv der Spaß beim Lernen ist, hängt zum einen davon ab, wie nützlich man das Gelernte für das eigene Leben einschätzt und wie schwierig es ist den Lerninhalt zu verstehen. Meinungsfindungsdiskussionen sind insofern nützlich, dass ich über das Thema irgendwann abstimmen muss. Außerdem kann man mit den Diskussionsinhalten bei Infoständen, Stammtischen und im Meinungsfindungstool selbst glänzen und sich selbst so gut verkaufen. Die Schwierigkeit hängt am Lerninhalt, woran man nicht viel ändern kann und an der Qualität der Lernmaterialien. Um den Lernspaß zu verbessern, müssen wir also die Spielregeln so gestalten, dass im Zuge des Spiels gute Inhalte erzeugt werden.

Meinungsfindungsdiskussionen sind eine soziale Aktivität. Thematische Arbeit mit Gleichgesinnten kann ein Gemeinschaftsgefühl erzeugen. Außerdem werden Gemeinschaften häufig genutzt, um sich mitzuteilen. Twitter, Facebook, etc. bauen alle darauf auf, dass Menschen ein starkes Bedürfnis danach haben sich mitzuteilen. Verstanden zu werden wird dabei meist wesentlich wichtiger eingestuft, als andere zu verstehen. Die Mitteilung über sich selbst besteht zum größten Teil aus emotionalen Aussagen, die aber meist auch rationale Gründe haben. Insbesondere ist es wichtig die Möglichkeit zu geben die relativ seltenen rationalen Ideen zu äußern. Anderen zu helfen sich verständlich zu machen, wird sozial belohnt. Die Hilfe kann die Reformulierung eines missverständlichen Vorschlags sein oder auch die Formulierung einer Position, der man sich nur noch anschließen muss.

Macht macht Spaß. Wir Piraten würden diesen Punkt gerne leugnen, müssen aber mit Blick auf die meist inoffiziellen Strukturen innerhalb der Partei zugeben, dass der Einfluss mancher Piraten weit größer ist als der anderer Parteimitglieder und dies nicht nur am Willen zur Partizipation liegt. Größere Macht bedeutet auch größere Verantwortung, was die Mehrheit davon abhält, allzu viel Macht anzustreben. Während es wohl ungünstig wäre die Macht selbst durch die Spielregeln zu begünstigen, wäre das Wahrnehmen von Verantwortung ein akzeptables Kriterium, um den Spaß an Macht im System zu haben, ohne die negativen Auswirkungen des Machtmissbrauchs.
Achievements sind objektivierte Strategien zur Personenwerbung, die automatisch verliehen werden können. Mit Achievements kann ein System für Personen Werbung machen, die zu schüchtern sind, sich selbst zu bewerben. Gerade im Hinblick auf den vorherigen Punkt kann das sinnvoll sein. Außerdem geben Achievements Ziele vor, können also ein spielerisches Kernelement direkt formulieren.

Spektakel und Ästhetik spielen auch immer eine große Rolle für den Spielspaß. Während die Ästhetik ausschlaggebend für Coolness, Modernität und Stil ist, können Animation, Sound und Multimedialität Spektakel darstellen. Wenn ich beim Interagieren durch Spektakelelemente belohnt werde, wird dadurch ein Anreiz geschaffen zu interagieren. Medien abzuwechseln beugt wiederum der Langeweile vor.

Als letzter Punkt schließlich kann es häufig sinnvoll sein, der Sammlung von Vorschlägen und Argumenten eine zeitliche Struktur zu geben. Durch die zeitliche Struktur kann die Sammlung als Geschichte wahrgenommen werden und diese Geschichte wiederum durch eine Dramaturgie aufgewertet werden. Es ist dabei nicht notwendig die reale Reihenfolge der Datenerhebung als Grundlage zu nehmen (wobei auch das seinen Sinn haben könnte), sondern es kann jede Reihenfolge gewählt werden, die die Dramaturgie verbessert. Es ginge dabei darum, aus Vorschlägen und Argumenten die interaktive Geschichte des Wegs zur bestmöglichen Abstimmungsentscheidung zu formulieren.

Ideen zur Umsetzung

  1. Jeder Benutzer, der sich an Diskussionen beteiligt muss einen Account haben zu dem auch eine Profilseite gehört. Auf der Profilseite kann man nicht nur sehen, was der Benutzer so treibt, sondern auch wie er sich selbst darstellt. Außerdem können dort seine Erfolge gesammelt werden, wie Achievements und erfolgreiche Anträge.
  2. Durch Achievements wird es Benutzern nahe gelegt möglichst viel zu interagieren. Mögliche Achievements wären:
    • Benutzer hat 1, 10, 100 Themen angelegt
    • Benutzer hat 1, 10, 100 Vorschläge angelegt
    • Benutzer hat 1, 10, 100 Vorschläge weiter entwickelt (Weiterentwicklung hat mehr Unterstützung als vorher)
    • Benutzer hat 1, 10, 100 Argumente neu formuliert
    • Benutzer hat 1, 10, 100 Argumente weiter entwickelt
    • Benutzer hat 1, 10, 100 Meinungen eigestellt
    • Benutzer hat 1, 10, 100 Anträge direkt abgestimmt
    • Benutzer hat 1, 10, 100 Anträge allegiert
    • Benutzer hat 1, 10, 100 mal den erfolgreichen Vorschlag formuliert
    • Benutzer hat 1. 10, 100 mal Audio in seinen Beitrag eingebunden
    • Benutzer hat 1, 10, 100 mal Video in seinen Beitrag eingebunden
    • Benutzer steht als Legat zur Verfügung
    • Benutzer hat schon einmal 1, 10, 100 Allegationen erhalten
    • Benutzer ist gerade Legat für 1, 10, 100 Andere
    • Benutzer hat 1, 10, 100 mal allegiertes Stimmgewicht an andere weiter gegeben.
    • Benutzer ist seit 1 Woche, Monat, Jahr Mitglied
    • Benutzer ist seit 2, 5, 10, 25, 50, 75 Jahren Mitglied
    • Außerdem kann man jedem Achievement eine Punktzahl zuordnen und bei den Benutzernamen von Benutzern mit vielen Punkten brozene, silberne und goldene Sternchen anzeigen. Man könnte auch über negative Troll-Achievements nachdenken, die die Punktzahl wieder verschlechtern.
  3. Das Interface setzt so weit wie möglich auf Grafik. Statt als Listen werden Themenbereiche, Themen und Argumente als animierte Graphen angezeigt. Die Graphen bauen sich in einer Zeitlichen Reihenfolge auf, die dramaturgisch aufgewertet ist.
  4. Sounds informieren über neue Beiträge in Diskussionen an denen man bereits beteiligt war. Es wird permanent der Eindruck erweckt die Diskussion wäre im konstanten Fluss.
  5. Es wird ein Microblogging-Dienst in das System integriert, um eine harmlose Äußerung von irrationalen oder unkonstruktiven Beiträgen zu ermöglichen (z.B. Witze oder Karrikaturen). Dabei werden die Tags der Beiträge genutzt, um sie den Themen zuzuordnen.
  6. Benutzer können Gruppen gründen, um ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Gruppen werden als solche angezeigt, wenn zwischen den Gruppenmitgliedern ein Konsens besteht, also alle die Selbe Unterstützung oder Ablehnung ausgewählt haben. Außerdem kann bei Microblogging-Beiträgen entschieden werden, dass sie nur an bestimmte Gruppen bzw. Aspekte/Kreise gehen.

Anmerkungen zum Microblogging

Microblogging übersetzt den Small Talk bei ungeplanten Begegnungen in die digitale Welt. Bei diesem Small Talk geht es in erster Linie darum andere Menschen besser kennenzulernen, um sie besser einschätzen zu können. In zweiter Hinsicht hat er seinen Sinn darin organisatorische Informationen zu verbreiten, bzw. an Organisatorisches zu erinnern. Inhaltlich konstruktive Diskussionen sind an dieser stelle eher selten. Daher kann ein Microblogging-Dienst in einem Meinungsfindungstool nie Teil der eigentlichen Diskussion sein. Die kurzen Nachrichten dienen eher dazu auf interessante Diskussionsbeiträge aufmerksam zu machen, den Stressfaktor der Diskussionen zu senken, RL-Treffen oder Online-Konferenzen zu bewerben oder persönliche Informationen zum Leben der Diskussionsteilnehmer zu kommunizieren. Sollte es dennoch in Microblogs interessante Vorschläge oder Argumente geben, kann das System die Möglichkeit bieten diese als reguläre Argumente oder Vorschläge in die passende Diskussion einzubringen.
Wichtig ist dabei die Zuordnung der Microblogs zu den Themen. Dies kann über eindeutig definierte #-Tags geschehen, sodass es möglich wird, zu den Themen die passenden Microblogs anzuzeigen.

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